Rekorddefizit bei Wohnungen in Westdeutschland
Der deutsche Wohnungsmarkt steht vor einer historischen Krise. Laut einer aktuellen Analyse des Pestel-Instituts fehlen allein in Westdeutschland rund 1,2 Millionen Wohnungen – deutlich mehr, als bislang angenommen. Noch im Jahr 2024 hatte der Deutsche Mieterbund das Defizit bundesweit auf 910.000 Einheiten beziffert. Die neuen Zahlen zeichnen nun ein deutlich düstereres Bild.
Wirtschaftliche Folgen und soziale Spannungen
„Die Lage spitzt sich zu“, warnt Matthias Günther, Chefökonom des Pestel-Instituts. Der akute Wohnungsmangel führe dazu, dass Unternehmen kaum neue Fachkräfte gewinnen könnten. Viele Beschäftigte verzichteten auf einen Jobwechsel, weil bezahlbarer Wohnraum in Ballungsräumen schlicht nicht vorhanden sei. Die Studie, erstellt im Auftrag der Messe München zur Eröffnung der Immobilienmesse Expo Real, macht klar: Der Stillstand am Bau droht, sich zur Wachstumsbremse der gesamten Volkswirtschaft zu entwickeln.
Drei Jahre Baukrise und steigende Kosten
Seit drei Jahren stagniert der Wohnungsbau in Deutschland. Laut Pestel liegen die Gründe in einer Kombination aus hohen Zinsen, steigenden Baupreisen und unsicheren Förderbedingungen. Der Branchenanalyst Bulwiengesa und der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) meldeten bereits im Sommer, dass die Zahl der Baustarts zwischen Ende 2022 und Mitte 2025 um 85 Prozent eingebrochen ist.
Mietanstieg in westdeutschen Ballungsräumen
Die Folgen spüren vor allem Mieter in Großstädten. Besonders München steht im Fokus: Hier fehlen laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 74 Wohnungen pro 10.000 Einwohner – doppelt so viele wie im bundesweiten Durchschnitt. Auch in Berlin, Frankfurt und Hamburg steigen die Mieten rasant, während in vielen Regionen Ostdeutschlands die Preise stagnieren oder nur leicht anziehen. In Teilen Bayerns, Baden-Württembergs und des Rhein-Main-Gebiets legten Mieten für einfache Wohnungen zuletzt sogar mehr als doppelt so stark wie die Verbraucherpreise zu.
Forderung nach politischem Kurswechsel
Ökonomen warnen, ohne einen klaren politischen Richtungswechsel drohe der Wohnungsbau vollends zum Erliegen zu kommen. Die Gutachter fordern eine breitere Förderung, die nicht nur auf den sozialen Wohnungsbau beschränkt ist, sondern auch private Miet- und Eigentumsprojekte einschließt. „Die Fördermittel dürfen nicht länger an immer strengere Auflagen gebunden sein“, heißt es in der Studie – etwa an Energieeffizienzstandards, die Baukosten erheblich verteuern.
Fachmesse Expo Real soll Wende bringen
Auf der heute eröffneten Expo Real in München diskutieren Branchenexperten über Lösungen gegen die drohende Wohnbaukrise. Das Pestel-Institut fordert dabei konkrete Entscheidungen der Politik. Ohne sofortige Maßnahmen werde sich der Wohnraummangel weiter verschärfen – mit gravierenden Folgen für Wirtschaft, Gesellschaft und soziale Stabilität.