US-Regierung setzt klares Zeichen in der Digitalpolitik
Die Regierung der Vereinigten Staaten hat kurz vor Jahresende eine politisch wie diplomatisch weitreichende Entscheidung getroffen. Fünf europäische Persönlichkeiten, darunter zwei deutsche Aktivistinnen, dürfen künftig nicht mehr in die USA einreisen. Betroffen sind Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon, Gründerinnen und Geschäftsführerinnen der Berliner Organisation HateAid, die sich gegen digitale Hassrede engagiert. Die Maßnahme wurde vom US-Außenministerium offiziell bestätigt und fällt in die Verantwortung der Regierung von Präsident Donald Trump.
Vorwurf der Zensur als Begründung
Die US-Regierung wirft den Betroffenen vor, durch ihre Arbeit auf europäischer Ebene indirekt zur Einschränkung der Meinungsfreiheit auf amerikanischen Online-Plattformen beizutragen. Außenminister Marco Rubio sprach in diesem Zusammenhang von „ungeheuerlichen Akten extraterritorialer Zensur“. In einer öffentlichen Stellungnahme erklärte er wörtlich:
„Viel zu lange haben Ideologen in Europa organisierte Anstrengungen unternommen, um amerikanische Plattformen dazu zu zwingen, Meinungen zu unterdrücken, die ihnen missfallen.“
Rubio kündigte zudem an, dass die Liste der Betroffenen nicht abgeschlossen sei und weitere Maßnahmen folgen könnten, „falls andere ihren Kurs nicht ändern“.
Welche Personen betroffen sind
Neben den beiden deutschen Vertreterinnen von HateAid gelten die Einreiseverbote auch für weitere prominente Akteure der europäischen Digitalpolitik. Dazu zählen Imran Ahmed, Gründer des britischen Center for Countering Digital Hate, Clare Melford, Mitbegründerin des Global Disinformation Index, sowie Thierry Breton, ehemaliger EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen und einer der zentralen Architekten des Digital Services Act.
Die Namen wurden öffentlich von Sarah Rogers, US-Staatssekretärin für öffentliche Diplomatie, bestätigt.
Reaktionen der Betroffenen aus Deutschland
Die beiden deutschen Aktivistinnen reagierten mit scharfer Kritik auf die Entscheidung aus Washington. In einer gemeinsamen Erklärung sagten Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon:
„Wir sind nicht überrascht. Es ist ein Akt der Repression einer Regierung, die zunehmend Rechtsstaatlichkeit missachtet und versucht, ihre Kritiker mit aller Härte zum Schweigen zu bringen.“
Beide hatten sich in der Vergangenheit mehrfach kritisch zur Digitalpolitik unter Donald Trump geäußert. Dabei ging es insbesondere um den Umgang mit Hassrede, Frauenfeindlichkeit sowie die Moderationspraxis großer sozialer Netzwerke.
HateAid und der Digital Services Act im Fokus
HateAid wurde 2018 gegründet und versteht sich als gemeinnützige Organisation zum Schutz von Persönlichkeitsrechten im digitalen Raum. Sie bietet Betroffenen von Hassrede rechtliche Beratung und Unterstützung. Für ihr Engagement wurde Anna-Lena von Hodenberg im Oktober 2025 mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet.
Kritisch sieht die US-Regierung insbesondere die Rolle von HateAid im Kontext des Digital Services Act (DSA). Dieses EU-Gesetz verpflichtet große Plattformen dazu, rechtswidrige Inhalte zu entfernen. Aus Sicht Washingtons greift der DSA in die unternehmerische Freiheit US-amerikanischer Plattformen ein.
Deutliche Reaktion der Bundesregierung
Die Bundesregierung stellte sich demonstrativ hinter HateAid. Außenminister Johann Wadephul (CDU) bezeichnete die Einreiseverbote als „nicht akzeptabel“. Der DSA sei demokratisch legitimiert und habe nicht das Ziel, Meinungsfreiheit einzuschränken, sondern geltendes Recht auch im digitalen Raum durchzusetzen.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) erklärte, HateAid leiste „einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Persönlichkeitsrechten im digitalen Raum“. Wer diese Arbeit als Zensur darstelle, „verzerrt das rechtsstaatliche Fundament Europas“.
Europäische Kritik und diplomatische Spannungen
Auch auf europäischer Ebene löste die Entscheidung aus Washington deutliche Reaktionen aus. Die EU-Kommission forderte von den USA eine Klarstellung und verwies auf die regulatorische Souveränität der Europäischen Union. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte:
„Die Meinungsfreiheit ist das Fundament unserer starken und lebendigen Demokratie. Wir werden sie schützen.“
Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach von Einschüchterung und sicherte Thierry Breton seine Unterstützung zu. Der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, nannte die Maßnahme „inakzeptabel unter Partnern und Verbündeten“.
Ein Konflikt mit Signalwirkung
Der Fall zeigt, wie stark sich die Vorstellungen von Meinungsfreiheit, Plattformregulierung und staatlicher Verantwortung zwischen Europa und den USA auseinanderentwickelt haben. Während die US-Regierung ihre Maßnahmen als Schutz amerikanischer Grundrechte versteht, sehen europäische Regierungen darin einen Angriff auf demokratisch legitimierte Regulierung.
Die betroffenen Aktivistinnen kündigten an, ihre Arbeit ungeachtet der Sanktionen fortzusetzen. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es:
„Wir lassen uns nicht einschüchtern. Unser Einsatz für Menschenrechte und Meinungsfreiheit geht weiter.”



